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Forderung: Marburger Bund mahnt mehr Fokus auf ärztlichen Fachkräftemangel zu richten Die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, hat in der 139. Hauptversammlung des Marburger Bund betont, "mit welch großer Wucht uns dieses Problem treffen wird", und meinte damit den unzureichenden Fokus auf den wachsenden Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen.
Die Vorsitzende verweist darauf, dass dieses Problem nur unzureichend wahrgenommen wird. Der Fachkräftemangel wird in der letzten Zeit vorwiegend im Zusammenhang mit der Pflege thematisiert. Dies ist auch richtig - aber viel besser sieht es im ärztlichen Bereich nicht aus, was aber gar nicht zur Sprache kommt. In den nächsten Jahren ist davon auszugehen, dass sich dieses Problem noch ausweiten wird.
Die genannte Statistik spricht davon, dass reichlich 54.000 Ärzte und Ärztinnen im Alter zwischen 60 und 65 sind - also demnächst in Rente gehen werden. Weitere 35.000 sind sogar über 65. Altersbedingt werden also rund 90.000 Ärzte ausscheiden - gemessen an der Gesamtzahl von reichlich 416.000 sind das über 20 %!
Die Nachbesetzung, die nötig wäre, um den Ruhestand der Genannten auszugleichen, wird mit knapp 11.000 Studienplätzen jährlich nicht gewährleistet. Die Zuwanderung von Medizinern aus dem Ausland hat dazu geführt, dass das System nicht schon längst zusammengebrochen ist. Die Ausbildung unter Bedarf wird in den nächsten Jahren zu massiven Problemen führen. Es wird dringend nötig sein, den Fokus auf den Fachkräftemangel zu richten.
Der Ausbau der Studienplätze um mindestens 10 % sei wichtig, und müsse dringend an Priorität gewinnen. Da die Mediziner die fehlenden Kollegen immer wieder durch Mehrarbeit kompensiert haben, hat die Politik die Erkenntnis gewonnen, dass das Problem nicht so groß sei - ein fataler Fehler. Jetzt ist es höchste Zeit zu handeln.
Das Abgrenzungen zwischen ambulantem und stationären Bereich sind unnötig und führen zu Bürokratie und völlig überflüssigen Problemen, so Johna. „Wir können froh sein, wenn wir die Arbeit noch gemeinsam schaffen“. Sektorenunabhängig müsse überlegt werden, wie die Versorgung im Sinne der Patienten aufrecht erhalten werden kann. Junge Kollegen arbeiten häufig sektorenübergreifend, und haben zu Recht kein Verständnis für die Kämpfe zwischen ambulant und stationär.
Entscheidend sei die Frage, von welchen Tätigkeiten können wir uns zugunsten anderer Berufsgruppen verabschieden; welche Vereinfachungen im System sind möglich? Wo kann man für das gleiche Ergebnis Aufwand einsparen? Wie kann die Digitalisierung effektiv vorangetrieben werden?
Ein Beispiel für überflüssige Arbeit sei das Finanzierungssystem der Krankenhäuser. Beratungsagenturen, Rechtsanwälte und EDV-Spezialisten leben davon, dass Geld ausgegeben wird, dass an anderer Stelle viel sinnvoller gebraucht würde. Stichproben in der Qualitätssicherung könnten viel aussagekräftiger sein.
Durch den Fachkräftemangel ist so viel Mehrarbeit entstanden, dass die Zeit für Weiterbildungen fehle, was ein immenses Problem darstellt.
Das Instrument des E-Logbuchs sollte genutzt werden, um schwarzen Schafen auf die Füße zu treten, so die Vorsitzende des Marburger Bund. Aber es gibt auch positive Beispiele: diese werden vom Marburger Bund mit dem Siegel "gute Weiterbildung" ausgezeichnet.
Dringend nötig sei die anstehende Krankenhausreform. Sonst gingen viele Krankenhäuser in nächster Zeit in die Insolvenz, die aber dringend benötigt würden. Eine gute Versorgung sei so kaum mehr zu gewährleisten. Flächendeckende Grundversorgung sei ebenso wichtig, wie Spezialisierung. Die übliche Kostenkonkurrenz gehe zu Lasten von Personal und Patienten.
Auch aktuell dürfe weiterhin die Pandemie nicht unterschätzt werden, so die Marburger Bund Vorsitzende. In den kalten Monaten gäbe es wieder mehr Infizierte, und auch die Influenza könne wieder mehr Probleme auslösen. Wirksame Maßnahmen dürften deshalb nicht ausgeschlossen werden. Der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, sich rechtzeitig für eine neue Pandemiewelle zu rüsten, würde deshalb vom Marburger Bund unterstützt, so Johna.
Der Krieg in der Ukraine sei weiter ein Thema in der Gesundheitspolitik. Geflüchtete brauchen Unterstützung, geflüchtete Ärzte ebenso - die Willkommenskultur müsse unterstützt werden. Die Berufserlaubnis und das dafür wichtige Deutschlernen der ukrainischen Ärzte sollte weitestgehend vorangetrieben werden.