Bei den diesjährigen "Salzburger Bioethik-Dialogen" zeigte sich ein intensiver Austausch über pflegerisch-medizinische Entscheidungen am Lebensende. Experten beleuchteten die ethischen Implikationen des assistierten Suizids und betonten die Notwendigkeit einer solchen Debatte in einer sich rasch verändernden medizinischen Landschaft.
Der Medizinethiker Giovanni Maio äußerte Bedenken hinsichtlich der Normalisierung des assistierten Suizids. Diese Entwicklung, könnte zu einer "Entsorgung der Sorge" führen und das Ringen um ein gutes Leben in den Hintergrund drängen.
In einer Gesellschaft, in der das aktive Beenden von Leben auf Wunsch selbstverständlich wird, ginge die notwendige Fürsorge für kranke Menschen verloren. Der Ethiker plädierte dafür, anstatt Suizid zu normalisieren, den Fokus auf alternative Unterstützungsangebote zu legen, um Menschen in schwierigen Lebenslagen die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft zu vermitteln.
Die Bioethik-Dialoge befassten sich auch mit den existenziellen Fragen, die medizinische Entscheidungen am Lebensende aufwerfen. Maio warnte davor, dass ein ökonomisches Verständnis von Leben dazu führen könne, dass das Leben an Wert verlieren würde. Dies führe zu einem Druck auf medizinisches Personal, Leben als entwertet zu betrachten und möglicherweise aktiv zu beenden, anstatt die Lebensqualität zu erhalten.
Der Sozialethiker Clemens Sedmak sprach über das Konzept eines gelungenen Lebens und Sterbens. Er plädierte dafür, sowohl das Leben als auch den Tod nicht als Wettkampf, sondern als Kooperation zu betrachten. Er betonte die Bedeutung von Beziehungen, Sinn und Zugehörigkeit und stellte heraus, dass ein "gutes Sterben" von Ruhe und Begleitung geprägt sein sollte.
Die Onkologin Karen Nestor betonte die Relevanz gelungener Kommunikation mit schwer kranken Patienten. Oft sei die emotionale Not hinter dem Wunsch nach assistiertem Suizid nicht sofort erkennbar. Die Fähigkeit, empathisch zuzuhören und ein gutes Gespräch zu führen, sei entscheidend für das Wohlbefinden der Patienten und der Onkologe Matthias Volkenandt ergänzte, dass emotionale Kommunikation oft übersehen wird, was jedoch ein Hauptfaktor für die Patientenzufriedenheit sei.
Die Bioethik-Dialoge wurden als multidisziplinäres Forum organisiert. Vertreter aus Medizin und Politik lobten die Notwendigkeit eines solchen Ansatzes, insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender technischer Möglichkeiten in der Medizin. Es geht darum, ethische Fragen zu erörtern, die über die reine Machbarkeit hinausreichen. Der Austausch wurde als überparteilich und überkonfessionell charakterisiert, um die komplexen Themen der Bioethik offen und umfassend zu beleuchten.