In Deutschland geben Kassenpatienten jährlich 2,4 Milliarden Euro für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) aus. Die Kosten hierfür tragen die Patienten selbst, da diese Untersuchungen und Zusatzangebote nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
Eine eingehende Analyse von 56 verschiedenen IGeL-Leistungen kommt zu einem alarmierenden Ergebnis: 30 dieser Angebote wurden als "tendenziell negativ" oder einfach "negativ" bewertet. Lediglich drei Leistungen erhielten ein positives Urteil, was die Wirksamkeit und den Nutzen dieser zusätzlichen Untersuchungen betrifft.
Besonders häufig werden Ultraschalluntersuchungen von Eierstöcken und Gebärmutter zur Krebsfrüherkennung in Anspruch genommen. Die Experten des Medizinischen Dienstes (MD) sind jedoch der Meinung, dass die potenziellen Risiken dieser Untersuchungen den Nutzen in vielen Fällen überwiegen.
Falsch-positive Ergebnisse können nicht nur unnötige Sorgen verursachen, sondern sogar zu weiteren, teils invasiven Behandlungen führen, etwa der Entfernung der Eierstöcke - ohne relevante Beweise dafür, dass solche Untersuchungen tatsächlich das Risiko einer Krebserkrankung mindern.
Außerdem sind Augeninnendruckmessungen zur Kontrolle von Glaukom sowie PSA-Blutuntersuchungen zur Früherkennung von Prostatakrebs sehr gefragt. Auch hier hegen die Experten des MD Zweifel: Die Wahrscheinlichkeit von Fehlalarmen und unnötigen Behandlungen sei größer als der tatsächliche medizinische Nutzen.
Diese Zusammenhänge zeigen, dass viele dieser Untersuchungen eher problematisch sind.
Ein weiteres besorgniserregendes Problem stellt die mangelnde Information der Patienten dar. Laut einer Umfrage geben nur etwa 25 Prozent der Befragten an, ausreichend über die IGeL-Angebote informiert zu sein. Gleichzeitig ist es alarmierend, dass zwei Drittel der Teilnehmer davon ausgehen, dass diese Selbstzahlerleistungen medizinisch notwendig seien - eine falsche Annahme, die klare Informationen erfordert.
Die vorliegenden Zahlen werden von verschiedenen Stellen als äußerst besorgniserregend eingestuft. Stefan Schwartze, der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, äußert Bedenken über die hohen jährlichen Ausgaben. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) plant, Ärzte dazu zu verpflichten, standardisierte Informationsblätter an ihre Patienten auszuhändigen. Diese sollen eine objektivere und informativere Entscheidungsgrundlage bieten.
Eugen Brysch von der Stiftung Patientenschutz fordert sogar eine 14-tägige Bedenkzeit für Patienten, bevor sie sich für IGeL-Angebote entscheiden. Diese Maßnahme würde dazu beitragen, Entscheidungen zu vermeiden, die häufig aus einem emotionalen Impuls heraus getroffen werden.
Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, bringt einen weiteren wichtigen Punkt zur Sprache: die Auswirkungen der IGeL-Untersuchungen auf die reguläre Patientenversorgung.
Ihrer Meinung nach nehmen solche Angebote wertvolle Zeit und Kapazitäten weg, die für die tatsächlich notwendige und wissenschaftlich fundierte Patientenversorgung benötigt werden.
Insgesamt wird deutlich, dass es dringend erforderlich ist, die Patienten über die Vor- und Nachteile von IGeL-Angeboten umfassend zu informieren. Nur durch einen fundierten Informationsstand können Patienten die bestmöglichen Entscheidungen für ihre Gesundheit treffen.